Am 22. Januar marschierten einige wenige Nazis über Stunden durch das Stadtgebiet Magdeburg – geduldet und hofiert von Polizei und Stadtverwaltung. Eine antifaschistische Vorabend-Demo sowie der Gegenprotest hunderter Antifaschist*innen wurde hingegen durch die Polizei bewusst kriminalisiert. Hundertschaften der Polizei behinderten Pressevertreter:innen und Gegendemonstrant:innen, sorgten für gebrochene Nasen und Repression gegen Antifaschist:innen, während den Nazis der Weg für ihren geschichtsrevisionistischen Marsch mit aller Gewalt freigemacht wurde.

Begonnen hat der Protest gegen den Aufmarsch der Nazis bereits am 21. Januar mit der traditionellen Vorabend-Demo. Ein breites Bündnis antifaschistischer Gruppen rief zur Demo durch Magdeburg auf. Die Repressionsbehörden versuchten mit Hundertschaften der Bundespolizei sowie der Polizei Berlin und Sachsen-Anhalt die Demonstrierenden zu stören und provozierten zum Beispiel mit sexistischen Beleidigungen.

Der Protest der Antifaschist:innen endete am Magdeburger Opernhaus. Während in den Abendstunden die Demonstrierenden in Kleingruppen den Weg nach Hause suchten, griff die Polizei Einzelne heraus. Ein Aktivist wurde ohne Ankündigung umgerissen und mit dem Gesicht über den Boden geschleift. Insgesamt wurden drei Personen aus der Vorabend-Demo herausgegriffen, um sie festzusetzen. Bereits hierbei gab es mehrere Verletzte, welche anschließend medizinisch versorgt werden mussten.

Der zurückliegende Samstag, 22. Januar, der Aufmarsch-Tag der Faschisten, war ebenso gekennzeichnet von Übergriffen der Polizei gegen diejenigen, die sich den Nazis in den Weg stellten. Parallel dazu wurde den Nazis mit einem martialischen Aufgebot der Polizei der Weg durch die Stadt gewährleistet. Einige wenige Rechte konnten so über Stunden durch die Stadt marschieren, während die Polizei teilweise mit erheblicher Gewalt gegen teilweise sehr junge Demonstrant*innen vorging und jeglichen Gegenprotest in Sicht- und Hörweite unterband.

Die Rote Hilfe, Ortsgruppe Magdeburg dokumentierte u. a. Fälle, bei denen Antifaschist:innen grundlos Handys durch die Polizei weggenommen wurden, überzogene Einsätze von Pfefferspray durch die Polizei und ein Fall, bei dem die Polizei einem Aktivisten die Nase gebrochen hat. Journalist:innen wurden außerdem wiederholt in ihrer Arbeit behindert, den Aufmarsch und den Polizeieinsatz ausreichend zu dokumentieren und brachen teilweise ihre Berichterstattung vorzeitig ab.

Der Umgang der Polizei und Stadtverwaltung mit dem rechten Aufmarsch scheint angesichts der Vielzahl an Übergriffen gegen Gegendemonstrant:innen, der niedrigen Zahl an aufmarschierenden Nazis und vor dem Hintergrund der Pandemie ein reiner Skandal. Es ist deutschlandweit einzigartig, wie die Polizei hier Nazis hofiert und in stabsmäßig geplanten Polizeieinsätzen mit hohem personellem und materiellem Aufwand den Weg durch die Stadt choreografiert. Ein ebenso trauriges Alleinstellungsmerkmal ist es, wie das Kundgebungsrecht zahlreicher Initiativen unbeachtet blieb, in dem die Polizei etliche Kundgebungen einschränkte, einkesselte und Interessierte zu diesen Kundgebungen nicht durchließ. Der rechtswidrige Eingriff in das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit der Gegendemonstrant:innen gehört seit jeher zur jährlichen Tatik der Einsatzleitung.
 
Mit Blick auf die kommenden Jahre fordern wir politische und persönliche Konsequenzen für diejenigen, die für das Durchsetzen solcher Naziaufmärsche verantwortlich sind. Des Weiteren erklären wir uns mit allen von Repression betroffenen Antifaschist:innen uneingeschränkt solidarisch und werden diese auch weiterhin mit all unseren Mitteln unterstützen.

Die Rote Hilfe, Ortsgruppe Magdeburg befürchtet, dass die Polizei die Kriminalisierung des Demo-Geschehens auch im Nachgang noch weiter vorantreiben wird. Es gilt: Redet mit uns, nicht mit der Polizei! Wir helfen euch – schreibt uns, wenn ihr Briefe von Polizei, Ordnungsamt oder Staatsanwaltschaften erhaltet.

Empfohlene Artikel